In was für einer Welt leben wir eigentlich?
Gestern waren John Hase und Ich, Steve Anus, auf Mountainbiketour. Soweit nichts ungewöhnliches. Als wir gerade durch Brenesseln, Dornen und die sengende Hitze erschöpft waren, kamen wir an einem Kirschbaum vorbei, dessen Kirschen eindeutig gephotoshopped waren: Groß, herrlich rot, makellos. Doch der Geschmack überzeugte uns von der Echtheit, denn knackig und süß waren die passenden Attribute. Nach einer Viertelstunde im Baum fühlten wir uns gestärkt genug, weiterzufahren, kamen jedoch nur hundert Meter weit, denn dann sahen wir zu unserer Rechten ein Erdbeerfeld: Reife Früchte, Blauer Himmel und: Ein offenes Tor. Also fahren wir rein, bevor die gute Ernte verkommt, und essen ein paar Erdbeeren.Während wir uns fragen, ob wir gerade in einem Experiment zum Thema "Asozialverhalten des Menschen" oder "Genmanipuliert bis zum Geht-nicht-mehr" die Versuchskaninchen spielen, betritt ein Pickup die Bühne. John und mir wird klar, dass der Bauer im Anmarsch ist, unmotiviert entscheiden wir uns zur Flucht, führen sie jedoch nicht aus, sondern schauen zu, wie der Bauer uns erblickt und Gas gibt. Als uns noch seine Staubfahne umhüllt, ist er schon ausgestiegen und begrüßt uns mit den Worten: Wir haben ein Problem! Ein ernstes Problem!
Nach kurzem Diskurs schlagen John und ich vor, als Entschädigung für unser Fehlverhalten jeder einen Korb Erdbeeren zu pflücken, nehmen den Sammlerinnen Körbe ab und beginnen zu ernten. Nach zwei Minuten war die Wut des Besitzers über die Diebe und Ertragsverringerung verflogen, unsere Ehrlichkeit und Charakterstärke hatte ihn überrascht, ja überrannt, weshalb er uns animierte, während dem Pflücken viel zu essen und sogar aufzufordern "Wenn ihr mal wieder vorbeikommt, greift zu, esst, esst!".
Worauf ich hinaus will: Der Mann war vom Hocker gehauen, das jemand dazu steht, Scheiße gebaut zu haben und dafür gerade zu stehen. Der war das nicht gewohnt. Schien für ihn das ungewöhnlichste auf der Welt zu sein. Und deshalb frage ich mich: In was für einer Welt leben wir eigentlich, in der niemand mehr Verantwortung zu übernehmen scheint und Konsequenz zum Fremdwort verkommt?
John und ich haben für uns entschieden: Ehrlich isst am längsten! Selten habe ich mit so gutem Gewissen Erdbeeren gegessen und mich mehr dafür bestätigt gefühlt, dass es sich auszahlt, moralisch richtig zu handeln.
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hehe schön geschrieben :) is schon immer wieder verrückt wie manche leute so drauf sind.
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